Die Schweiz überarbeitet die Verordnungen zur Überwachung der Telekommunikation. Diese technischen Texte, die ohne Volksabstimmung oder systematische parlamentarische Kontrolle verabschiedet werden können, könnten unsere Grundrechte beeinträchtigen. Infomaniak lehnt die Revision in ihrer aktuellen Form ab – ohne sich von Angst oder Druck leiten zu lassen. Wir setzen uns für eine verantwortungsvolle digitale Welt ein: keine Massenüberwachung, aber auch keine straflose Anonymität für kriminelle Aktivitäten. Ein demokratischer Diskurs ist unerlässlich.
🕒 20-Sekunden-Zusammenfassung
- Infomaniak lehnt die Revision der LSCPT-Verordnungen in ihrer jetzigen Form ab, da sie keine ausreichenden Schutzmaßnahmen gegen eine umfassende Überwachung bietet.
- Das Unternehmen steht für eine verantwortungsvolle Digitalisierung: weder vollständige Anonymität noch massenhafte Datensammlung, sondern ein klarer gesetzlicher Rahmen und gezielte, kontrollierte rechtliche Maßnahmen.
- Diese Revision offenbart ein Paradoxon: Einerseits werden unsere Institutionen hinterfragt, andererseits wird gleichzeitig die Abhängigkeit der Schweiz von Diensten verstärkt, die ausländischen und viel invasiveren Gesetzen wie dem Cloud Act unterliegen.
Worum geht es?
Der Bund hat eine öffentliche Konsultation zur zweiten Revision der Ausführungsverordnungen zum Bundesgesetz über die Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs (LSCPT) eingeleitet.
Ziel ist es, diese Texte an technologische Entwicklungen und die aktuellen Praktiken von digitalen Dienstleistern anzupassen. Die Revision betrifft insbesondere die Speicherung bestimmter Metadaten aus der Kommunikation, die Abhörkapazitäten und die Art der Zusammenarbeit zwischen Anbietern und zuständigen Behörden.
Unsere Position
Wir lehnen diese Revision in ihrer aktuellen Form ab. Wir sind der Meinung, dass sie rechtlich besser geregelt und vor allem transparent diskutiert werden muss, um einen schleichenden Übergang zu einer allgemeinen Überwachung im Namen der Sicherheit zu verhindern. Datenzugriffe sollten immer der richterlichen Kontrolle unterliegen.
Eine Demokratie beruht auf dem Gleichgewicht der Gewalten zwischen Legislative, Exekutive, Justiz und Presse. In einer digitalen Gesellschaft, in der die meisten unserer Handlungen online stattfinden, ist es legitim, über die Vereinbarkeit von Privatsphäre und Verantwortung zu diskutieren – und darüber, wie die Schweiz verhindern kann, zu einem digitalen Zufluchtsort für kriminelle Aktivitäten zu werden.
Wie im echten Leben darf das Web kein rechtsfreier Raum sein. Datenschutz darf nicht als Vorwand für digitale Straflosigkeit dienen. Gleichzeitig müssen wir jede Tendenz zur Massenüberwachung vermeiden. Rechtliche Schritte, wie sie heute in der Schweiz üblich sind, müssen gezielt, punktuell und unter richterlicher Aufsicht bleiben.
Diese Revision macht auf oft übersehene Realitäten aufmerksam:
- Zum Beispiel erlaubt der amerikanische Cloud Act den US-Behörden den Zugriff auf Inhalte von E-Mails, Dokumenten, Fotos oder Backups – selbst wenn sie in der Schweiz oder in Europa gespeichert sind – ohne dass betroffene Nutzer oder lokale Gerichte informiert werden.
- Ein weiteres Beispiel: Microsoft kündigte kürzlich in Anwesenheit von Bundesrat Guy Parmelin eine Investition von 400 Millionen US-Dollar in der Schweiz an – bemerkenswert enthusiastisch, obwohl diese Dienste weiterhin vollständig dem Cloud Act unterliegen.
Es ist widersprüchlich, diese Revision zu kritisieren und gleichzeitig die eigene Abhängigkeit von weitaus invasiveren US-Diensten zu ignorieren.
Ein solch extraterritorialer und intransparenter Zugriff darf in der Schweiz oder Europa niemals zur Norm werden.
Zur Frage der Online-Anonymität
Infomaniak schützt die Privatsphäre seiner Nutzerinnen und Nutzer, ohne ihnen Straflosigkeit zu versprechen. Im Gegensatz zu einigen Diensten verlangen wir bei der Registrierung eine echte Identität. Wir bieten keine anonymen Gratisdienste an – das hindert uns aber nicht daran, die Meinungsfreiheit zu verteidigen.
Die Digitalisierung nimmt in unserem Leben einen zentralen Platz ein, und es ist nur richtig, dass es Regeln gibt, um Missbrauch zu verhindern, ohne die Meinungsfreiheit oder das Recht auf Vertraulichkeit infrage zu stellen. Diese Grundrechte müssen geschützt werden, dürfen aber kein Freibrief für Straffreiheit sein. Es geht nicht darum, Partei zu ergreifen – sondern als Gesellschaft ein gerechtes Gleichgewicht zu finden.
Zur Frage der Datenspeicherung
Die Speicherung größerer Datenmengen erhöht bei Sicherheitslücken das Risiko, da ein Hacker Zugriff auf Informationen erhalten könnte, die sonst nicht existieren würden. Aber es ist wichtig, dies im Kontext zu betrachten.
Bei den heutigen Web-Giganten ist die systematische Sammlung und Speicherung von Nutzerdaten die Norm. Alles wird kontinuierlich aufgezeichnet, analysiert und verwertet – ohne nennenswerte öffentliche Debatte. Infomaniak lehnt dieses Modell entschieden ab.
Seit seiner Gründung verpflichtet sich Infomaniak dazu, nur jene Daten zu speichern, die unsere Kundinnen und Kunden bewusst bei uns ablegen – im vollen Respekt ihrer Privatsphäre und ohne kommerzielle Nutzung.
Eine Gesetzesänderung, die diskutiert werden muss
Diese Revision weckt berechtigte Sorgen, die wir teilen: dass Sicherheit als Vorwand dienen könnte, um Grundrechte zu schwächen – wie es beim Cloud Act bereits geschieht.
Die Schweiz ist eine stabile Demokratie, mit soliden Institutionen, klar geregelten gerichtlichen Verfahren, zugänglichem Beschwerderecht und einem Referendumsmechanismus, der es den Bürgerinnen und Bürgern erlaubt, sich direkt gegen verabschiedete Gesetze auszusprechen.
Anders als Bundesgesetze sind Verordnungen jedoch nicht der Volksabstimmung unterstellt. Auch das Parlament ist nicht systematisch in deren Genehmigung eingebunden. Diese neuen Texte können erhebliche Auswirkungen auf Grundrechte haben – weshalb wir uns öffentlich zu diesem Thema äußern und kollektive Wachsamkeit und ethische Verantwortung seitens der Dienstanbieter einfordern.
Weitere Informationen
Infomaniak lanciert Managed-Kubernetes-Service in seiner unabhängigen Public Cloud
Donnerstag 3 April 2025