Das neue Datacenter von Infomaniak ist eine Weltpremiere: 100% der von der gesamten Infrastruktur verbrauchten elektrischen Energie wird ein zweites Mal in Form von Wärmeenergie verwendet, um mehr als 6000 Wohnungen des Typs Minergie A1 zu beheizen. Das Datacenter wird in einem Wohngebiet unter dem Park eines Ökoviertels angesiedelt, sodass das Stadtbild unverändert bleibt.

Infomaniak setzt sich für Privatsphäre, die lokale Wirtschaft und Umweltschutz ein und ist ein Schweizer Cloud-Anbieter, der in Europa als ethische und unabhängige Alternative zu den Web-Giganten anerkannt ist. Das Unternehmen befindet sich teilweise im Besitz seiner Mitarbeitenden und deckt seine Ausgaben nur mit seinen Kunden*innen. 

In diesem Artikel stellen wir Innovationen vor, die unseres Erachtens beim Bau eines neuen Datacenters die Norm sein sollten. Die ersten Server werden diesen Herbst in Betrieb genommen, und die erzeugte Wärme wird ab dem ersten Quartal 2024 in das Fernwärmenetz des Kantons Genf eingespeist.

D4: Wichtige Zahlen und Fakten
2018–2023: Beginn der Suche nach einem geeigneten Standort bis zur Inbetriebnahme der ersten Server im Herbst 2023. Wärmerückgewinnung ab dem ersten Quartal 2024.
Budget: CHF 12 Millionen, davon 50% für die Wärmerückgewinnung.
Drei wesentliche Innovationen: 

  1. Dieses Datacenter erfüllt eine Doppelfunktion in Form «hochleistungsfähiger IT-Ressourcen und einer Wärmeerzeugung» 
  2. Keine Auswirkungen auf das Stadtbild 
  3. Standort inmitten eines Ökoviertels in einem Wohngebiet 
Eingesparte t CO2e bei voller Auslastung: 2785 t CO2 Erdgas oder 5500 t CO2 Pellets pro Jahr.
Bei voller Auslastung lassen sich mit der in diesem Datacenter erzeugten Wärme 175 50-m-Schwimmbecken beheizen (Schätzung basierend auf einem Temperaturanstieg von 10° auf 27 °C).

Mit einem reproduzierbaren Modell den Herausforderungen der Digitalisierung begegnen 

1. Ein Datacenter, das seine verbrauchte Energie vollständig wiederverwertet

Dieses Bild zeigt einen Teil des Serverraums, der ausschliesslich mit der von den Wärmepumpen abgegebenen 28° C warmen Luft ohne eigene Klimaanlage gekühlt wird.

Das neue Datacenter (D4) wird die gesamte Energie wiederverwerten, die für Berechnungen und Datenspeicherung verbraucht wird. Diese Innovation wird bei voller Auslastung 12 750 MWh liefern, was 5500 t CO2 Pellets pro Jahr entspricht, um im Winter bis zu 6000 Haushalte zu beheizen und im Sommer für fast 100 000 Menschen Warmwasser zu bereiten:

«Datacenter sind Anlagen, die elektrische Energie in Wärmeenergie umwandeln. Derzeit gibt die Mehrheit aller Datacenter diese ungenutzte Abwärme vollständig in die Atmosphäre ab. Clouds sind immer weiter auf dem Vormarsch, folglich ist es wichtig, diese Verschwendung zu stoppen. Datacenter müssen dort aufgestellt werden, wo sie benötigt werden, d.h. in der Nähe von Städten und Fernwärmenetzen, damit ihre Abwärme vollständig wiederverwertet werden kann und weniger Gas-/Holz- oder Ölkraftwerke benötigt werden.»

Boris Siegenthaler, CSO und Gründer von Infomaniak

In diesem Datacenter wollen wir die verbrauchte Energie vollständig wiederverwerten. Für die Messung dient ein Indikator für die Energiewiederverwendung, der das Verhältnis der wiederverwendeten Energie zum Gesamtenergieverbrauch des Datacenters darstellt. Das D4 wird einen Basisindikator von 0.95 aufweisen, der sich im weiteren Verlauf so weit wie möglich an 1 annähern soll.

2. Datacenter mit geschlossenem Kreislauf 

Nur wenn das Fernwärmenetz gewartet wird oder kurzzeitig nicht in der Lage ist, die gesamte Warmluft der Server aufzunehmen, wird das Belüftungssystem des D4 auf Volllast geschaltet.

Obwohl die Wärmeleistung unserer Datacenter bereits hervorragend ist, beseitigt das D4 das grösste Manko unserer bestehenden Infrastruktur und aller Industrieanlagen: das Entweichen der gesamten verbrauchten Energie in Form von Wärme in die Atmosphäre.

Anstatt die 45°C warme Luft der Anlagen und der Server in die Atmosphäre abzulassen, leitet dieses neue Datacenter den Luftstrom in Luft-Wasser-Wärmepumpen ein, die die Temperatur von 45°C auf 67–82°C erhöhen, um den heutigen Anforderungen der Fernwärmeanlagen des Betreibers, der Services Industriels de Genève (SIG), gerecht zu werden. Da das Datacenter wie ein geschlossenes System arbeitet, wird die gesamte zusätzliche elektrische Energie, die für den Betrieb der Wärmepumpen benötigt wird, ebenfalls vollständig wiederverwertet.

Vergleichbar mit einem Kühlschrank, der Kälte erzeugt und Wärme abführt, besteht die Besonderheit dieses Projekts darin, dass beide Funktionen der Wärmepumpen genutzt werden: Einerseits wird die durch die Erhöhung der Wassertemperatur freigesetzte Kälte genutzt, um die um die Server strömende Luft auf 28°C zu halten, und andererseits wird die aufbereitete Wärme in das Fernwärmenetz des Kantons Genf geleitet, um Wohnungen zu beheizen und Warmwasser zu bereiten.

Vereinfacht ausgedrückt ist die Vorrichtung, die die Energie wiederverwertet, identisch mit jener, die die Infrastruktur auf optimaler Betriebstemperatur hält, ohne dass zusätzliche Energie verbraucht wird.

«Der Energieeffizienz-Indikator PUE zur Messung der Energieeffizienz von Datacentern reicht inzwischen angesichts des Klimanotstands nicht mehr aus. Er muss durch den Indikator ERF (Anteil der wiederverwendeten Energie) ergänzt werden, wobei sich beide Indikatoren so weit wie möglich an 1 annähern müssen.»

Alexandre Patti, Compliance Officer bei Infomaniak

3. Ein Datacenter in einem Wohngebiet, das das Stadtbild unverändert belässt

Das D4 wird das Stadtbild nicht beeinträchtigen. Dieses Foto wurde über dem Datacenter aufgenommen, das von einem Park bedeckt sein wird.

Das Datacenter ist an das Fernwärmenetz eines Wohngebiets der Stadt Genf, der Coopérative la Bistoquette, angeschlossen. Diese Besonderheit ermöglicht, die erzeugte Wärme ein ganzes Jahr lang Sommer wie Winter rund um die Uhr wiederzuverwerten.

Neben seiner Doppelfunktion (Datenspeicherung und Berechnungen und Wärmeerzeugung) wird das neue Datacenter keinerlei Beeinträchtigungen verursachen und das Stadtbild unverändert belassen, da es unter dem Park des Ökoviertels untergebracht ist. Dies vermeidet das Betonieren von Flächen ausserhalb der Städte für monofunktionale Gebäude. 

4. Erneuerbare Energie ein zweites Mal nutzen

In finanzieller Hinsicht wird die aus dem Datacenter zurückgewonnene Energie an den Fernwärmenetzbetreiber SIG verschenkt. Lediglich die Anpassung an die Betriebstemperaturen wird zum Selbstkostenpreis verrechnet.

Um die 12 750 MWh, die das Datacenter bei voller Auslastung erzeugen wird, zu produzieren, müssten 2660 t Pellets pro Jahr verbrannt werden, was pro Jahr 5500 t CO2 verursachen würde. Hinzu kommen die 211 Lastwagen pro Jahr mit 13 t Nutzlast (d.h. einer pro Tag) und die Mikropartikel, die beim Transport und bei der Verbrennung der Pellets anfallen.

Wie alle Tätigkeiten von Infomaniak wird auch dieses Datacenter ausschliesslich mit erneuerbarer Energie betrieben. Unser Energiemix besteht derzeit zu 60% aus Wasserkraft (grosse Stauseen) und zu 40% aus erneuerbaren Energien (kleine Stauseen, die die Artenvielfalt schützen). Wir entwickeln auch eigene Solarkraftwerke2 mit einer Leistung von 520 kWp, um langfristig so viel Energie zu erzeugen, wie wir verbrauchen. 

Mit diesem Projekt wird die technologische Kontrolle und Unabhängigkeit Europas in der Cloud-Industrie aufgebaut. Darüber hinaus trägt es zur Entwicklung der lokalen Wirtschaft bei, indem es Mehrwert für IT-Partner schafft, die Unternehmen mit unseren Cloud-Lösungen unterstützen. Wann immer möglich wird systematisch auf schweizerische und europäische Lieferanten gesetzt:

  • Wärmepumpen Trane (Frankreich)
  • Ventilatoren Ebmpapst (Deutschland)
  • Stromaggregate Margen (Italien)
  • Wechselrichter ABB (Schweiz)
  • Server-Racks Minkels (Niederlande)
  • Verteilertafeln Siemens (Deutschland)
  • Stromschienen Siemens (Deutschland)
  • Solarpaneele Meyer-Burger (Schweiz / Deutschland)

5. Verlängerung der Lebensdauer der Server und Ausgleich der CO2-Emissionen zu 200%

Da wir nur erneuerbare Energien verwenden, bringt der Kauf neuer Server unsere grösste Belastung für die Umwelt mit sich. Anstatt sie durch neue Server zu ersetzen, modernisieren wir sie mit gebrauchten Komponenten aus der Kreislaufwirtschaft. Durch Sharing-Technologien und Cloud Computing betreiben wir diese bis zu 15 Jahre lang zuverlässig und leistungsstark für unsere Kunden.

Langfristig wollen wir die CO2-Emissionen, die wir durch unsere Aktivitäten verursachen, in dem Jahr nach dem Jahr des tatsächlichen Ausstosses vollständig und sauber kompensieren.

Boris Siegenthaler, CSO und Gründer von Infomaniak

Was die Kompensation der CO2-Emissionen via myclimate angeht, so sind wir uns bewusst, dass die gepflanzten Bäume nicht in einem Jahr wachsen und ein solcher Ansatz nicht perfekt ist. Deshalb kompensieren wir unsere gesamten CO2-Emissionen doppelt und gehen weit über Klimaneutralität hinaus.

Cloud-Industrie rennt gegen eine Wand – CO2-Neutralität reicht nicht aus

Das Versprechen der Cloud-Giganten lautet, bis 2025–2040 CO2-neutral zu sein. Doch das bedeutet nicht zwangsläufig eine Verbesserung der Energieeffizienz oder die Wiederverwertung der verbrauchten Energie. In Wirklichkeit sind ihre Projekte für den Bau von Infrastrukturen und Datacentern mit mehreren Problematiken verbunden. Auch wenn der Druck steigt, haben die Datacenter der Hyperscaler keine Antwort auf die Herausforderungen unserer Branche:

  • Keine oder nur geringe Wiederverwertung der Energie.
  • Klimatisierung der Serverräume.
  • Speisung der Datacenter durch Kohlekraftwerke.
  • Verschwendung von Millionen Litern Wasser für die Kühlung von Servern.
  • Betonieren von Flächen, die der Landwirtschaft oder natürlichen Ökosystemen für Giga-Datacenter entzogen werden. 
  • Grosse Entfernung von Agglomerationen, was die Wiederverwertung von Energie behindert oder erschwert.
  • Umstrittene Technologien wie Datacenter in Ozeanen, die mit Wasserstoffzellen betrieben oder mit Seewasser gekühlt werden.

Der wirtschaftliche Nutzen hiervon geht an der lokalen Wirtschaft vorbei, zumal er von Unternehmen auf anderen Kontinenten abgeschöpft wird.

Ein Paradigmenwechsel ist möglich, aber hierzu bedarf es eines politischen Willens und verbindlicher Gesetze

Der Cloud-Industrie kommt in Sachen Energie und Klimaschutz eine wichtige Rolle zu.

Um den Fussabdruck unserer Industrie zu verringern, ist es zwingend erforderlich, für folgende Akteure verbindliche Auflagen festzulegen:

  • Unternehmen, die Datacenter bauen
  • Anbieter, die IT-Kapazitäten in Datacentern vermieten und nutzen
  • Behörden, die Genehmigungen für den Bau neuer Datacenter erteilen

Die Behörden müssen Schwellenwerte festlegen für:

  • die Energieeffizienz von Datacentern, um die Klimatisierung von Serverräumen einzustellen oder zu reduzieren.
  • die Wiederverwertung der Energie, die von Datacentern verbraucht wird, um die enorme Energieverschwendung zu beenden.
  • den Standort der Datacenter, um ihren Fussabdruck zu verringern und die vollständige Wiederverwertung der von ihnen verbrauchten Energie (Sommer wie Winter) zu gewährleisten.

Bei der Auswahl eines Cloud-Anbieters ist es wichtig, Anbieter zu bevorzugen, die den ökologischen Herausforderungen, denen wir gegenüberstehen, gerecht werden:

  1. Ganzjährige Energierückgewinnung mit einem ERF nahe 1
  2. Höchste Energieeffizienz mit PUE nahe 1
  3. Stadtnahe und unterirdische Datacenter
  4. Ausgleich der CO2-Emissionen zu 100% oder mehr
  5. Ausschliessliche Nutzung erneuerbarer Energien
  6. Möglichst lange Nutzung von Servern und Ausrüstungen

Dieses neuartige und komplexe Datacenter «macht den Weg frei» für vergleichbare oder noch weitreichendere Projekte.

«Ziel dieses Datacenters ist, in unserer Branche replizierbar zu sein, und dieses Know-how wird nicht verkauft. Dies ist unser viertes Datacenter seit 2000, mit dem wir unsere Auswirkungen auf das Klima und die Artenvielfalt abermals mehr als üblich verringern wollen.»

Boris Siegenthaler, CSO und Gründer von Infomaniak

Die Unterstützung vorbildlicher Cloud-Anbieter und die Einführung strengerer Gesetze wird den Abbau veralteter Technologien beschleunigen, um eine nachhaltigere und vorteilhaftere Cloud für die lokale Wirtschaft zu gewährleisten.

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1. Minergie ist ein Schweizer Baustandard für Neubauten oder Sanierungen. Er garantiert eine hochwertige Gebäudehülle, die systematische Lufterneuerung, einen überdurchschnittlichen Hitzeschutz und umfassende Qualitätssicherung. Minergie-A-Gebäude zeichnen sich zudem durch einen sehr geringen Energiebedarf und einen maximalen Anteil an erneuerbaren Energien aus. Mehr erfahren

2. Die Solarkraftwerke von Infomaniak sind mit nachhaltigen, hocheffizienten und klimafreundlichen Meyer-Burger-Modulen ausgestattet. Diese werden in der Schweiz entwickelt und wann immer möglich ausschliesslich in Deutschland mit Komponenten und Zulieferern aus Europa hergestellt. Mehr erfahren

3. Weitere Informationen zum Wasserverbrauch der Datacenter der Web-Giganten: Die Auswirkungen von KI auf den Wasserverbrauch von Datacentern und einige Zahlen zum Trinkwasserverbrauch von Microsoft und Google zur Kühlung ihrer Infrastrukturen.